Luther und die Nation

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Zunächst war er nur ein einfacher Mönch, dann wurde aus Martin Luther eine epochale Figur, die wie kein anderer zuvor die Deutschen einte und spaltete. Der Reformator war einer der ersten, der Geschichte schrieb, indem er explizit an nationale Gefühle appellierte. Er übersetzte die Bibel ins Deutsche, verbreitete damit Sprache und Wissen, legte auch dadurch ein Fundament wachsender deutscher Identität. Es war die Epoche des Habsburger Kaisers Karl V., der sich nach alter Tradition als Herrscher von Gottes Gnaden und Verteidiger der christlichen Einheit verstand. Doch viele witterten im Laufe der Reformation die Chance, auf Distanz zu Rom und dem Kaiser zu gehen und ihre Stellung im Machtgefüge der Zeit zu verbessern. Anders als der Habsburger Karl V., der nicht einmal der deutschen Sprache mächtig war, entwickelte sich Luther zur Identifikationsfigur, wurde ungemein populär., Zunächst war Martin Luther ein einfacher Mönch, ein zweifelnder, mit sich hadernder Theologe. Aus ihm wurde eine epochale Figur. Wie kein anderer zuvor einte er die Deutschen, aber spaltete sie und die römisch-katholische Kirche auch – ohne dies zu wollen. “Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation” so der Name, den das Staatengebilde in der Mitte Europas seit dem späten 15. Jahrhundert trug. Es war die Epoche des Habsburger Kaisers Karl V., der sich nach alter Tradition als Herrscher von Gottes Gnaden und Verteidiger der christlichen Einheit verstand. In seinem Reich gehe die Sonne nicht unter, sagte er im Jahr 1521 selbst – es reichte von Lateinamerika über Mitteleuropa bis zu den Philippinen. Die deutschen Territorien bildeten nur eines von vielen Königtümern, hier verfochten mächtige Kurfürsten ihre Eigeninteressen. Weltliche und geistliche Macht standen damals nach wie vor auf den Fundamenten des römischen Christentums. Doch ob Fürsten oder Stände, Bauern oder Bürger der Städte: Viele witterten im Laufe der Reformation die Chance, auf Distanz zu Rom und dem Kaiser zu gehen und ihre Stellung im Machtgefüge der Zeit zu verbessern. Anders als der Habsburger Karl V., der nicht einmal der deutschen Sprache mächtig war, entwickelte sich Luther zur Identifikationsfigur, wurde ungemein populär. Der Reformator war einer der ersten wirkungsmächtigen Zeitgenossen überhaupt, der explizit die deutsche Karte ausspielte und an nationale Gefühle appellierte: “Wie kämen die Deutschen dazu, sich die Räuberei und Schinderei durch Fremde gefallen zu lassen”, hieß es in einer Schrift. Luther übersetzte die Bibel ins Deutsche, verbreitete damit Sprache und Wissen, legte auch dadurch ein Fundament wachsender deutscher Identität. Die Menschen sollten in den Genuss kommen, “dass man deutsch mit ihnen redet”. Der religiöse mündete in den militärischen Konflikt. Um Frieden herzustellen, wurde entschieden, dass sich jeder Landesherr selbst für oder gegen die Reformation entscheiden konnte: “Cuius regio, eius religio” (wessen Gebiet, dessen Religion) lautete die spätere Formel. Nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555 war die Unabhängigkeit der Fürsten gestärkt. Die Deutschen aber blieben im Glauben gespalten., Im März 1848 wurden aus braven Untertanen entschiedene Barrikadenkämpfer. Freiheit und Einheit waren die Ziele vieler Deutscher – unter ihnen auch der Leipziger Robert Blum. Die Fürsten sehen sich gezwungen, Mitsprache zu gewähren. Zum ersten Mal tritt am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche eine frei gewählte Nationalversammlung zusammen. Einer der Wortführer ist Robert Blum. Heute ist er weithin vergessen – zu Unrecht. Eine Revolution – in Deutschland? Und zwar keineswegs, wie Lenin den Deutschen später süffisant nachsagte, mit einer ordnungsgemäßen Bahnsteigkarte in der Tasche. Es war ein Volksaufstand, wie es ihn nie zuvor in der deutschen Geschichte gegeben hatte. Bürgerdelegationen drängten die Obrigkeit zu weitreichenden Zugeständnissen; Bauern verbrannten die Grundbücher ihrer Gutsherren; Tagelöhner, Handwerker und Studenten lieferten sich blutige Straßenschlachten mit fürstlichen Soldaten. Viele Deutsche hatten genug von polizeistaatlicher Bevormundung und Fremdbestimmung. Die Fürsten sahen sich gezwungen, ihre Regierungen auszutauschen und Mitsprache zu gewähren. Zum ersten Mal trat am 18. Mai 1848 in der Frankfurter Paulskirche eine frei gewählte Nationalversammlung zusammen, um über Grundrechte und die nationale Einheit zu beraten. Dies ist die Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland – bei allem nachfolgenden Ringen um die Ausgestaltung der Verfassung und der Grenzen. Geradezu prototypisch steht der Werdegang von Robert Blum für das revolutionäre Ringen um mehr Demokratie. Mit Leidenschaft und Charisma kämpft er für eine echte Teilhabe des Volkes an der Macht und glaubt dabei fest an einen friedlichen Wandel auf dem Boden von Recht und Verfassung. Doch als die Ideen des Fortschritts von den Bajonetten der wiedererstarkten Militärmacht wieder zurückgedrängt werden, fasst Robert Blum einen folgenschweren Entschluss. In Wien, wohin er den Bundesbrüdern zu Hilfe geeilt ist, ringt er sich schließlich dazu durch, für seine Vision mit der Waffe in der Hand zu kämpfen – und bezahlt dafür mit seinem Leben. Stellvertretend für die demokratische Bewegung wird der Freiheitskämpfer von kaiserlichen Soldaten erschossen. Vordenker wie er haben das Feld bereitet, auf dem später Einheit und Freiheit gedeihen konnten.

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